Bootstransport beim Kanusport

Bootstransport beim Kanusport – Wie kommt das Boot zum Bach? Die Antwort ist meist eindeutig: mit dem Auto. Dank ausgereifter Dachträgersysteme ist das heute so sicher und komfortabel wie nie zuvor. Falk Bruder, seit 30 Jahren Paddler, kennt die Straßenverkehrsordnung wie seine Schwimmwestentasche und verrät seine Tipps und Tricks in Sachen Bootstransport.

Je nach Fahrweise kann die Dachlast den Verbrauch um bis zu 30 Prozent erhöhen.

Faltbootfahrer werden lächeln, aber Kanusport ist meist auch Motorsport; leider! Ohne eigenes Fahrzeug ist es heutzutage sehr schwer (oder mit viel Aufwand verbunden), neue Gewässer zu entdecken, die nicht direkt vor der Bootshaustür liegen. Im Zeitalter uneingeschränkter privater Mobilität wird aufgeladen und losgebraust. In den meisten Fällen geht das auch gut, zum Glück hört man nur selten von herrenlos herumliegenden Booten auf öffentlichen Straßen. Markendachträger werden strengen Sicherheitstests unterworfen; allerdings bevorzugt mit Fahrradhaltern und Dachboxen, der am häufigsten vorkommenden Beladung. Mit Booten hat nur mal der TÜV Bayern in den frühen 80er Jahren getestet. Mit haarsträubenden Ergebnissen. Die Boote flogen raketengleich vom Dach des auffahrenden Autos in die Heckscheibe des Vorderfahrzeugs und durchbohrten dieses bis zur Windschutzscheibe. Damals wie heute gilt von Rechts wegen und getreu dem gesunden Menschenverstand: Der Fahrer ist für seine Dachlast verantwortlich

En Details lautet die paddlerrelevante Gesetzgebung wie folgt: Zuständig für das Befördern von Dachlast auf dem Auto sind die Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO) und die Straßenverkehrs-Ordnung (StVO). §34 der StVZO besagt, dass das zulässige Gesamtgewicht (angegeben im Kfz-Schein), also das Gewicht des leeren Fahrzeugs plus der Beladung an Passagieren und Material, nicht überschritten werden darf. Wie diese Beladung auszusehen hat beziehungsweise welche Maße nicht überschritten werden dürfen, nennt der §22 der StVO. Absatz 1 besagt: »Die Ladung einschließlich Geräte zur Ladungssicherung sowie Ladeeinrichtungen sind so zu verstauen und zu sichern, dass sie selbst bei Vollbremsung oder plötzlicher Ausweichbewegung nicht verrutschen, umfallen, hin- und herrollen, herabfallen oder vermeidbaren Lärm erzeugen können. Dabei sind die anerkannten Regeln der Technik zu beachten. « Absätze 2 bis 5 beschreiben die maximalen Höchstmaße der Ladung.

Für Paddler ergeben sich aus der StVO folgend­e Regeln:

  • Fahrzeug und Ladung dürfen nicht breiter als 2,55 m und nicht höher als 4 m sein.
  • Die Ladung darf nicht nach vorne (hier gilt die Stoßstange) über das Fahrzeug überstehen. Erst in einer Höhe von mindestens 2,5 m darf die Ladung nach vorne um maximal 50 cm überstehen, dies ist für Hochdachwohnmobile und sehr lange Boote (z. B. Outrigger) interessant.
  • Nach hinten darf die Ladung bis zu 1,5 m hinausragen. Ab 1 m Überstand muss sie aber kenntlich gemacht werden: Hier ist z. B. ein­e rot­e Fahne möglich, die mindestens 30 x 30 cm groß ist, durch eine Querstange aus­einander gehalten wird und maximal 1,5 m über der Fahrbahnoberfläche hängt. Bei Wegstrecken bis zu 100 km darf der Überstand nach hinten sogar 3 m betragen. In Verbindung mit §17, Absatz 1, reicht während der Dämmerung, bei Dunkelheit oder wenn die Sichtverhältnisse es sonst erfordern, diese Fahne nicht. Dann muss der Ladungsüberstan­d beleuchtet sein und einen rote­n Rückstrahler (max. 90 cm über der Fahrbahn) besitzen.
  • Schließlich darf die Ladung (NICHT der Dachträger, der gehört als Anbauteil zum Fahrzeug!) seitlich bis zu 40 cm über die Fahrzeugleuchten (NICHT die Fahrzeugbreite! Maximale Gesamtbreite von 2,55 m beachten!) hinausragen. Darüber­ hinaus ist sie mit vorgeschriebenen Leuchten kenntlich zu machen. Einzelne Stangen (sic – Dachträgerholm!) oder Pfähle, waagerecht liegende Platten und andere schlecht erkennbare Gegenstände dürfen seitlich nicht hinaus­ragen.
  • Gerne werden Kajaks auch als Gepäckboxen für z. B. das nasse Neopren genutzt. Wieviel Zuladung darf also aufs Dach? Da macht der Gesetzgeber keine Angaben, solange das zulässige Gesamtgewicht des Fahrzeugs nicht überschritten wird (s. o.). Manchmal ist in den Fahrzeug­spezifikationen oder in der Bedienungs­anleitung des Dachträgers eine Angabe des Hersteller­s zu finden. Sie gilt als einzuhaltender Richtwert, ist vor dem Gesetz aber nicht bindend (anders kann es im Versicherungsfall aussehen …). Beachten Sie, dass jedes aufs Dach geladen­e Kilogramm die Fahreigenschaften des Fahrzeugs verändert. Besonders bei Seitenwind, in Kurven und bei Bremsmanövern muss eine hohe Dachlast durch vorausschauendes Fahrverhalten kompensiert werden.

So kommt der Familienkanadier allein aufs Busdach: mittels einer guten Technik und Laderolle am hinteren Dachträgerholm.

Welchen Grundträger hätte‘s denn gern?

Der Paragrafendschungel ist gelichtet, zurück zum Dachträger selbst. Es gibt vielerlei Lösungen und diese hängen wiederum ganz vom Fahrzeugtyp und den vorgesehenen Befestigungspunkten ab. Oft vertreiben die Kfz-Hersteller selbst modellspezifische Dachträger. Diese sind meist teuer und bieten uns Boots­fahrern kaum individuelle Lösungen. Besser sind da Dachträger von den großen Herstellern (Thul­e, Atera, Mont Blanc etc.), die ein umfangreiches Programm an Zubehör und Anbauteilen (oft praktisch, manchmal unausgegoren) an­bieten. Auch hier ist die Befestigung dem Kfz-Modell anzupassen. Vorteil ist, dass man meist nur die Füße austauschen muss und den Grund­träger und das Zubehör weiter nutzen kann.
Besonders auf die Anforderungen der Paddler hat sich Zölzer mit seinem Trägersystem spezialisiert. Aus den Einzelteilen des Zölzer-Bau­kastens lassen sich auch die individuellsten Lösunge­n zusammenschrauben. Ganz billig ist das nicht, aber durch die Verwendung von soliden Materialien wie Alu und Edelstahl und dere­n Kombinationsmöglichkeiten mit den Zubehörteilen von z. B. Thule bleiben keine Wünsche offen und die Träger halten ein Leben lang. Die Dachträger-Grundausstattung für Paddler besteht aus den beiden quer verlaufenden Holmen und jeweils zwei Füßen daran, die die Verbindung zum Autodach herstellen. Nicht nur bei empfindlichen Laminatbooten empfiehlt sich eine Polsterung der Holme. Denn eine gute Polsterung vermindert ein eventuelles Verrutschen, verhindert ein ungewolltes Verkratzen des Rumpfs und vergrößert die Auflagefläche.

Guter Gurt

Für jedes zu ladende Boot sollte man zwei Gurte rechnen, damit eine sichere Befestigung möglich ist. Lieber etwas mehr und zu lange Gurte haben statt zu wenige und zu kurze. Das Gurtmaterial selber sollte mindestens aus 25 mm breitem Polyester- oder Polyamid/Nylon-Gewebe bestehen. Diese Materialien sind UV- und feuchtigkeitsbeständig, scheuer- und reißfest und sie passen durch die meisten Ösen der Zubehörteil­e. Eine an der Schnallenseite angenähte Unterlage oder eine aufschiebbare Weichplastikhülle verhindern das Verkratzen von Autodach und Bootsoberfläche. Passen Sie auf Ihre Gurtschnallen auf! Der oft verwendete Metallguss der Klemmschnallen ist empfindlich gegen Schläge und ein unachtsames Werfen auf harten Boden kann zu Haarrissen und letztendlich zum Bruch bei hohen Belastungen führen. Gurt­e und deren Sitz bei langen Fahrten (und wechselnder Temperatur und Witterung) immer mal wieder auf guten Sitz kontrollieren. Beschäd­igte Gurte sofort austauschen.
Ratschengurte sollte man mit Bedacht verwenden und den richtigen Umgang damit üben. Vor alle­m bei Laminatbooten ist besondere Vorsicht geboten, da mit den Ratschen sehr hohe Kräfte erreicht werden, die empfindliche Boote beschädig­en können.

Seile sind richtig verwendet und mit guten Knoten gesichert ebenfalls zur Befestigung von Booten geeignet. Auch hier Vorsicht bei empfindlichen Oberflächen: Die Auflagefläche eines Seils ist um ein Vielfaches geringer als bei einem Gurt und kann dadurch Abdrücke in der Oberfläche hinterlassen.
All diese Befestigungen verhindern nicht, dass einem das Boot vom Dach geklaut wird. Die meisten Dachträger sind zwar abschließbar (eventuell mit Zubehörteilen), aber ein Gurt ist schnell geöffnet, noch schneller durch­­ge­schnitten. Dagegen helfen Gurte mit abschließbaren Schnallen und im Gurtband eingelegtem Stahlkabel (von www.kanulock.com oder Thule). Da muss der Dieb schon mit starkem Werkzeug anrücken. Alternativ eignen sich Stahlkabelschlösser aus dem Fahrradhandel oder kunststoffummantelte Spezialstahlseile. Ein Ende weist eine Verdickung auf; diese wird letztlich ins Auto gelegt: Tür zu und fertig.

Ein Wort zum vielfältigen Zubehörangebot der Dachträgerhersteller: Beachten Sie, dass umfangreiches Zubehör auch zur Dachlast beiträgt und das Fahrverhalten und die Verbrauchs­werte des Fahrzeugs negativ beeinflusst. Für immer gleiche Beladung lässt sich damit sicher der Lade- oder Befestigungsvorgang erleichtern, Flexibilität sieht aber oft anders aus.

Quelle: Falk Bruder

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